Jahresthema 2016/17

Teilen


Teilen stärkt nicht nur das Gemeinschaftsgefühl, sondern hilft gegen Ressourcenverschwendung, Überproduktion und Umweltbelastung anzukämpfen. Denn unser aktueller Verbrauch übersteigt die natürlichen Ressourcen, die die Erde zur Verfügung stellen kann. Dabei nutzen wir viele unserer Konsumgüter entweder nicht ausreichend oder schmeißen sie vorzeitig weg. So werden beispielsweise 25% aller Lebensmittel in Deutschland nicht verzehrt, 40 % der Kleidung landet so gut wie ungetragen im Müll und ein Auto dient 95% seiner Lebenszeit nicht als Fahr- sondern als „Stehzeug“.

Was kannst du tun?

Vor allem, wenn du Dinge nur kurzfristig benötigst. Das spart nicht nur Ressourcen, sondern auch Platz und Geld.

So lernst du auch noch etwas hinzu! Kannst du selber nicht reparieren, lass es reparieren. Selbsthilfewerkstätten, Repair Cafés und offene Werkstätten gibt es fast überall.

Jemand anderes freut sich mit Sicherheit darüber! Nutzen kannst du z.B. Telegramgruppen, Umsonstläden (in Dresden und Chemnitz), Sozialkaufhäuser oder Foodsharing.

Nähe dir etwas Neues aus abgetragenen Klamotten. Oder upcycle andere Dinge zu ganz persönlichen, einmaligen Unikaten.

Kaufe nur Sachen, die du wirklich brauchst. So schonst du nicht nur Ressourcen, sondern auch deinen Geldbeutel.

Interaktive Karte Dresden

Interaktive Karte Chemnitz

Interaktive Karte Leipzig

Das Problem

Es ist schwierig, den Produkten direkt anzusehen, wie viele Ressourcen verwendet wurden, um sie herzustellen. Das Konzept des sogenannten Ökologischen Rucksacks ermöglicht die Erfassung dieses versteckten Ressourcenverbrauchs und der ökologischen Folgen, die die Bereitstellung bestimmter Güter verursacht: Ein fünf Gramm schwerer Goldring trägt zum Beispiel einen Rucksack von 2.000 kg und für ein Handy werden 1.300 L Wasser, 72 m2 Fläche und 60 verschiedene Materialien wie Kupfer, Gold, Platin, Lithium und seltene Erden benötigt.

Wir zerstören durch die Schädigung von Ökosystemen sowie den Verlust von Biodiversität und nicht nachwachsenden Rohstoffen nicht nur unsere eigene Lebensgrundlage, sondern die aller anderen Lebewesen gleich mit. Deutlich gemacht wird diese zunehmende Übernutzung durch den sogenannten Earth Overshoot Day. Dieser Tag markiert den Zeitpunkt, an dem wir alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht haben, die uns für das gesamte Jahr zur Verfügung stehen. Durch den mit wirtschaftlichen Aufschwung und Bevölkerungswachstum verbundenen erhöhten Ressourcenverbrauch rückt der Earth Overshoot Day von Jahr zu Jahr auf ein früheres Datum. 2019 war es bereits der 29. Juli – so früh wie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte. Die Einwohner*innen der reichen Länder konsumieren dabei immer noch das bis zu Zehnfache der Einwohner*innen der ärmsten Länder.

In den wohlhabenden Ländern des Globalen Nordens werden die Folgen dieser Ressourcenübernutzung noch nicht als existentielle Bedrohung wahrgenommen. Anders sieht das in den Ländern des Globalen Südens aus: vom Verlust der Biokapazität sind in erster Linie ärmere Menschen direkt betroffen, die mittelbar auf Ökosystemleistungen und Rohstoffe angewiesen sind. Die Produkte verteuern sich, die globale Armut wächst und Krisen entstehen. Der Verlust an Biokapazität wird in der Regel nicht als ökologisches Problem wahrgenommen, sondern in erster Linie als schlechtes Management, als überraschende Dürre oder als Verteilungsproblem. Es kommt zu Spannungen und Auseinandersetzungen bis hin zu Wirtschafts- und Ressourcenkriegen, Flucht und Migration.

Für eine nachhaltige globale Gesellschaft muss der Ressourcenverbrauch pro Kopf gesenkt werden. Dafür ist eine effizientere Gestaltung von Produktionsprozessen, Technologien und Produkten allein nicht ausreichend. Was wir brauchen ist eine Veränderung der Konsumkultur in Richtung eines verringerten, ressourcenschonenden und gemeinschaftlichen Konsums. Diese Alternative zur ressourcenintensiven Überproduktions- und Wegwerfkultur findet sich bereits in Waschsalons, Büchereien und Wohngemeinschaften, kann aber durch das Teilen von Werkzeugen, Autos, Spielzeug, Kleidung, überfüllten Kühlschränken, Flächen und Räumen noch ausgebaut werden. Auch das Austauschen von Wissen und Fähigkeiten kann dazu beitragen, dass Gegenstände von Konsum- zu Zirkulationsgütern werden.

Teilen muss jedoch nicht automatisch nachhaltig sein, z.B. wenn es in kapitalistisch-expansive Strukturen eingebunden bleibt oder durch Kosteneinsparungen zu Mehr-Konsum führt (der sogenannte Rebound-Effekt). Nachhaltiges Teilen ersetzt Kaufen/Besitzen und ergänzt es nicht nur. Eine Sharing Economy darf menschliche (Tausch- und Teil-)Beziehungen nicht zu einer Ware und Gefälligkeiten unter Nachbarn nicht zu Geschäften machen. Darüber hinaus bestimmen die Rahmenbedingungen das Potential der Ressourcenschonung entscheidend. Ein langer Transportweg zwischen altem und neuem Nutzer bspw. verringert die Einsparungen. Wird die Nutzungsphase alter, ineffizienter Geräte verlängert, kann auch dies letztendlich weniger ökologisch sein, als ein effizienteres Gerät neu zu erwerben.

Umsetzung der Spots

Auf großem Fuß

Ferdinand will „bloß einkaufen“. Aber mit jedem seiner Schnäppchen wachsen seine Füße. „Klarer Fall von … ökologischem Fußabdruck“ diagnostiziert ihm sein Arzt. Die Behandlung wird schmerzhaft oder aber Ferdinand beginnt endlich Ressourcen zu teilen.

Einkaufen am Earth Overshoot Day

Der normale Einkauf klappt heute nicht wie geplant, weil alle Läden geschlossen haben. Die verpeilte Susi bekommt erst jetzt mit, dass dies am Earth Overshoot Day liegt, weil mit diesem Tag bis Ende des Jahres bereits alle Ressourcen verbraucht sind.

Tischlein teile Dich

120 Leute passen an 2 ganz normale Biertische? Niemals. Doch! Wenn sie sich diese Tische teilen, hat jeder mehr als genug Platz und eine bunte schöne Tafel und ein schönes Fest entsteht.

Postkartenmotiv

Mit „Teilen, Tauschen, Selbermachen“ hatten wir ein sehr praktisches und lösungsorientiertes Fokusthema gewählt. Wir stellten damit eine Alltagshandlung in den Mittelpunkt unserer Öffentlichkeitsarbeit, die zum Ressourcenschonen beiträgt. Vor unseren Recherchen war uns gar nicht bewusst, wie viele Orte und Initiativen es in Dresden, Chemnitz und Leipzig, aber auch bundesweit gibt, die sich in diesem Bereich engagieren. Bei den Menschen, mit denen wir bei unseren 15 Standaktionen und 5 Veranstaltungen ins Gespräch gekommen sind, stieß das Thema auf sehr großes Interesse. Beim Umsonst & Draußen Festival in Dresden ließen wir bspw. auf einer Stadtkarte per Klebepunkt bekannte Initiativen des Teilens, Tauschens, Selbermachens eintragen. Wir beteiligten uns auch am Fairen Weihnachtsmarkt (wo wir Pflänzchen gegen Ideen tauschten) und beim Winterschlussvertausch der TUUWI mit eigenen Standaktionen. Gefreut haben wir uns über reges Interesse an unseren Infoveranstaltungen. In Leipzig präsentierten wir im Rahmen der globaLE unser Filmpreiskonzept vor dem Film „Die Stadt als Beute“ und diskutierten mit über 100 Zuschauer*innen darüber, wem die Stadt gehört. In Dresden organisierten wir im Rahmen des UMUNDU-Festivals ein Fragenkarussell, bei dem sich lokale Initiativen des Teilens, Tauschens und Selbermachens vorstellen konnten. In Chemnitz veranstalteten wir im Weltecho erstmals einen „Poetry Slam“ in Form eines Themen-Slams mit Fokus auf Nachhaltigkeit, um das Thema mit kreativ-witzigen Wortbeiträgen in allen seinen Facetten zu beleuchten. Bei unseren Veranstaltungen und Aktionen konnten wir ca. 900 Menschen persönlich sensibilisieren und anregen, sich mit dem Thema Teilen auseinanderzusetzen. Besonders hervorheben möchten wir die Kooperation mit der Landeshauptstadt Dresden, die erstmalig unsere Ausschreibung mit der Verbreitung über ihre Kanäle unterstützte. Über zahlreiche Medienberichte und Facebook-Posts wurden darüber hinaus noch sehr viel mehr Menschen erreicht. Letztendlich wurden Film-Ideen von 116 sächsischen Bürger*innen eingereicht. Eine Jury, bestehend u. a. aus Mitgliedern des ENS, Dresden im Wandel und Vertreter*innen der Landeshauptstadt Dresden, kürten die drei Siegerideen, die im Frühjahr und Sommer 2017 verfilmt wurden.

In bewährter Weise wurden die durch unsere Jury ausgewählten Ideen mit Hilfe des Potsdamer Regisseurs Thomas Frick und der Dresdner Produktionsfirma ravir film GbR, sowie vielen freiwilligen Engagierten professionell verfilmt. In jeder Projektstadt hatten wir, nach einem Vorbereitungstag, gemeinsam mit Regisseur und Produktionsteam, einen intensiven Drehtag. Mit fleißigen Helfer*innen wurden in kürzester Zeit unheimlich viele Ressourcen bewegt und Requisiten, Drehmaterial und Drehorte aufgetan, transportiert, gestaltet und eingesetzt. Ob es – in Dresden – hieß, die Regale im Grüntal leer zu räumen, oder – in Chemnitz – möglichst steril im Operationssaal zu filmen, oder – in Leipzig – möglichst viele verschiedene Akteure organisatorisch unter einen Hut zu bekommen, es gab zahlreiche Aufgaben zu bewältigen, um reibungslose Drehabläufe zu gewährleisten. Ziel war es, einen professionellen Kinospot zu produzieren. Spaß an der gemeinsamen Arbeit und Dankbarkeit für die großartige Unterstützung kamen jedoch nie zu kurz. Wir revanchierten uns z. B. wieder bei allen Helfer*innen und Darsteller*innen, die ehrenamtlich dabei waren, mit leckerem Catering aus geretteten und geteilten Lebensmitteln.

Making-Of Film vom Dresden Dreh

Chaos, Sirenen, der beißende Geruch von Feuer liegt in der Luft. Eine aufgebrachte Menschenmenge demonstriert lautstark vor einem leergeräumten Lebensmittelgeschäft. „Was’n hier los?“ fragt sich auch Babette Kuschel, Hauptdarstellerin des Dresdner Siegerspots. Mit Unterstützung der Grüntal VerbraucherInnengemeinschaft verwandelten wir die Idee von Henriette Boldt am 14. Mai 2017 in bewegte Bilder. Zusammen mit den beiden weiteren Hauptdarstellern Andreas Jung und Dietmar Halbhuber, sowie vielen Freiwilligen wurde auf der Kamenzer Straße in der Dresdner Neustadt eine apokalyptische Stimmung erzeugt. Am Earth Overshoot Day sind alle für dieses Jahr zur Verfügung stehenden Ressourcen aufgebraucht und würde man das wortwörtlich nehmen, gäbe es nichts mehr zu kaufen. Dass es aber in der Realität prall gefüllte Supermarktregale gibt, liegt daran, dass wir ab diesem Tag wir auf Kosten der Länder im globalen Süden und der kommenden Generationen leben. Sehr passend läuft im Hintergrund der Song „Weltuntergang“ der Berliner Deutschpunk-Band Terrorgruppe. Premiere feierte der Spot am 01. Juli 2017 bei den Filmnächten am Elbufer, wo er anschließend eine Woche lang vor jedem Hauptfilm gezeigt wurde.

Best-Of Filmdreh:

Ein bizarres Bild: Beladen mit Unmengen an Einkaufstüten und Taucherflossen an den Füßen stakst ein Mann durch die Chemnitzer Innenstadt, reißt Kleiderständer und Ladendekorationen um, stolpert Rolltreppen hinunter und konsumiert ungeniert weiter. Sein Ende nimmt dieses aberwitzige Szenario im Operationssaal. Diagnose: Ökologischer Fußabdruck. Am 17. Mai 2017 drehten wir mit den beiden Schauspielern Felix Constantin Voigt und Michael-Paul Milow den diesjährigen Chemnitzer Siegerspot. Spannende Kulissen boten uns hierfür die Chemnitzer Innenstadt, die Zeisigwaldkliniken Bethanien Chemnitz sowie der Laden Kult-Design-Unikate. Kritisiert werden im Spot die Wegwerfgesellschaft und übermäßiger Konsum. Es liegt auf der Hand, dass wir so auf immer größer werdendem Fuße leben, dass also unser Ökologischer Fußabdruck wächst. Die Dresdner Band Paisley unterstützt uns mit ihrem Song „More Time“. Dieser Spot wurde erstmals am 14. Juli 2017 bei den Filmnächten Chemnitz auf der großen Leinwand gezeigt.

Best-Of Filmdreh:

120 Personen sollen an zwei Tische passen? Geht nicht! Geht wohl… durch Teilen. Am 08. Juli 2017, einem zeitweise regnerischen aber ansonsten sonnigen und fröhlichen Tagen wurde auf dem Bürgerbahnhof Plagwitz in Leipzig der dritte Siegerspot des Jahres gedreht. Unglaublich viele gemeinnützige Vereine, Initiativen und engagierte einzelne Personen haben mit Freude ihre Leidenschaften – wie Zeichnen, Feuer löschen, Zirkus und viele mehr – vor der Kamera mit uns geteilt. Mit ihrer in der Realität praktizierten Idee, Biertische als Symbol für das Teilen zu nutzen, konnte die Stiftung „Ecken wecken“ unsere Jury überzeugen. Der fertige Spot zeigt, dass Teilen nicht nur nachhaltig Ressourcen schont, sondern auch Spaß macht und unterschiedliche Menschen zusammenbringen kann. Untermalt wird der Spot vom Lied „Britchka“ der Band Balinka. Seine Premiere feierte er am 11. August 2017 bei den Classic Open Leipzig vor großem Publikum.

Best-Of Filmdreh:

Danke an all die fleißigen, engagierten Ehrenamtlichen und Unterstützer*innen!

In Dresden danken wir:

In Chemnitz bedanken wir uns bei:

Unser Dank in Leipzig geht an:

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